Mausi und Rambo

Mausi und RamboEine verdammt lange Katzengeburt

 
Bereits 14 Tage versuchten wir in Köln-Niehl eine trächtige zahme Katze auf dem Gelände einer Autoverwertung einzufangen. Unsere Versuche scheiterten zunächst daran, dass wir auf die normalen Öffnungszeiten der Firma angewiesen waren und selten so auf das Gelände konnten, wie es uns möglich war. Später erschwerte uns ein Fangversuch, der seitens der Geschäftsführung getätigt wurde die Sache. Durch den Versuch, die Katze, als sie in unserer Falle fraß, mit einer Decke zu fangen, war diese so verschüchtert, dass es Tage dauerte, bis sie wieder regelmäßig zum Fressen in die von uns aufgestellte Katzenfalle ging. 
 
Als es soweit war, fuhren am 11. September, Dienstagmorgens um 9,00 Uhr Eva und ich hin und es dauerte keine 10 Minuten bis wir „Mausi“ (eine ca. 1 Jahr alte, kleine zierliche Tigerkatze mit wenig weiß) gefangen hatten. Beim Umsetzen in einen großen, bequemeren Transportkorb kam mir aber irgendwie „schlanker“ vor als eine Woche zuvor. Beim Tierarzt angekommen wurde festgestellt, dass „Mausi“ noch ein Baby im Bauch hatte, das auch lebte. Weiter wurde zu unserem Entsetzen vermutet, dass sie bereits Babys geboren hat, denn es klebte noch etwas Blut an ihr und die Milch war eingeschossen. (Dies geschieht ca. 24 Stunden vor der Geburt).
Es blieb uns nicht lange Zeit, darüber nachzudenken, was wir tun sollten. Es gab zwei Möglichkeiten: entweder wir lassen Mausi wieder hinaus, damit sie sich um die eventuell bereits draußen geborenen Babys kümmern kann, und dies auch auf die Gefahr hin, dass wir sie und ihre Babies nicht wiederbekommen oder aber, wir bringen sie und ihr noch ungeborenes Baby auf unsere Pflegestelle und hoffen ganz einfach, das sie draußen noch nichts geboren hat.
 
Wir entschieden uns für Mausi und das ungeborene Katzenbaby und brachten sie zu unserer Pflegestelle, mit dem Ratschlag der Tierärztin versehen, uns zu beeilen, da die weitere Geburt nicht mehr lange auf sich warten lassen könne.
 
Danach suchten wir die Autoverwertung ab, was von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. Auf dem 2000 qm großen Gelände voller Autowracks und Ersatzteilen, mit meterhohen Regalen voller Autokühler und mindestens 3000 Autoreifen, konnten wir nichts finden. Wir erklärten die Sache dem Chef und den Angestellten und fuhren mit gemischten Gefühlen zunächst einmal heim.
Nachmittags hatte sich in Sachen „weitere Geburt“ noch nichts getan. Die Tierärztin erklärte uns am Telefon, dass es bei erstgebärenden Katzen schon mal vorkomme, dass diese 24 Stunden oder noch länger „Gebärpause“ einlegen, wir sollten in Ruhe abwarten und uns nicht aufregen. Wir warteten auch, nur nicht in Ruhe. Ich wurde nervöser und nervöser.
Gegen 22,00 Uhr abends klingelte mein Telefon und auf dem Anrufbeantworter erfuhr ich vom Firmenbesitzer, dass in einem Autowrack 2 neugeborene Kätzchen aufgefunden wurden. Eines lebe und dieses wolle er mir nun übergeben. Ich rief umgehend zurück und 5 Minuten später traf ich mich mit ihm, übernahm das winzige Wesen, welches aber rund, warm und kräftig am Schreien war und brachte es umgehend zu seiner Mutter auf die Pflegestelle.
 
Mausi zeigte kein überragendes Interesse an ihrem nunmehr aufgefundenen Nachwuchs. Viel mehr interessierte sie sich für uns und gab schnurrend Köpfchen. Nach einiger Zeit sahen wir uns genötigt, unsere Mausi auf ihre Mutterpflichten insofern hinzuweisen, als dass wir sie kurzerhand umklappten, ihre Hinterbeine leicht spreizten und das Kleine anlegten. Dieses grub sich in das Fell seiner Mutter und holte erst einmal das entbehrte Futter nach. Es war ausgesprochen winzig und mit 90 g noch sehr leicht. 
Wir machten uns Vorwürfe, ob das Geschwisterchen nun wegen unserer Schuld nicht mehr lebte, ließen uns aber vom Tierarzt insofern aufklären, dass die 12stündige Abwesenheit alleine nicht der Grund des Todes habe sein können.
 
Mausi hatte sich zwischenzeitlich auf der Pflegestelle gut eingelebt, sie benutzte das Katzenklo, schnurrte ihre Pflegemutter freundlich an, genoß die Streicheleinheiten und entwickelte einen regen Hunger - nur ...... weitere Babys wollte sie auch in der Nacht zum Mittwoch nicht bekommen.
Da aber, laut Tierarzt auch mal bis zu 2 Tage Pause eingelegt werden können, übten wir uns in Geduld und unsere Pflegestelle berichtete mehrfach täglich „immer noch nichts da“. Mausi entwickelte sich weiter sehr gut und das Kleine schien von ihr zwar nicht mit Enthusiasmus aber wenigstens mit Milch versorgt zu werden.
Mittwoch abends war bei mir der Punkt erreicht, wo sich meine Sorge nicht mehr in Grenzen halten ließ. Elisabeth und ich beschlossen, dass wir Mausi am kommenden Morgen nochmals der Tierärztin vorstellen.
Ich fiel Donnerstag regelrecht aus dem Bett und der erste Griff war zum Telefon. Wir sollen noch warten und Freitag reinkommen, es könne eben auch mal dauern bei Erstgebärenden. Mir war mittlerweile totschlecht und auch Elisabeth bekam sichtlich Kopfschmerzen und wir diskutieren die Abstände der Geburt und das eventuelle Absterben der Kleinen im Bauch der Mutter durch, entschieden uns aber letztendlich, dass die Tierärztin wissen müsse, was am besten sei. Also beschlossen wir, Freitag ist der letzte Termin, dann ab zum Arzt.
 
Ich war gegen Nachmittag gerade heimgekommen, als das Telefon ging und die Tierärztin mir mitteilte, ich solle jetzt sofort und umgehend mit der Katze kommen. Sie habe sich im Datum vertan, die erste Geburt müsse ja Montag gewesen sein, wir wären ja Dienstag bei ihr gewesen und nicht Mittwoch, wie sie vormittags irrtümlich dachte.
Umgehend verschlechterte sich mein Allgemeinzustand und ich versetzte die Pflegestelle in Alarmbereitschaft. 5 Minuten später war ich da, machte den Transportkorb klar und wir zogen die Matratze des Bettes weg, denn Mausi hatte sich den dick ausgelegten Bettkasten als Nest auserkoren. Wir schauten von oben in die gepolsterte Schlafstätte und Mausi schaute von unten nach oben, das Baby schmatze laut und Mausi fing wie immer wenn sie gekrault wurde an zu treteln und ich hörte nur noch neben mir die Worte „da ist ja noch eins, da, da liegt es“. Zuerst dachte ich, das kann nicht sein, ich glaub es nicht, doch ............ ein weiteres Baby nuckelte was das Zeug hält. Es war fast doppelt so groß und weiß mit schwarzen Flecken, wir hatten einen kleinen Harlekin.
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so erleichtert aufgeatmet habe wie in diesem Augenblick, Mausi war die Ruhe in Person, tretelte gelassen und sah uns an als wollte sie fragen, was die ganze Aufregung solle. Auch schien sie mit der Geburt des zweiten Babies einen dicken Schub Muttergefühle bekommen zu haben, denn als ich den Neuankömmling aus dem Nest nahm um zu sehen, ob er komplett ist knurrte sie dann doch etwas unwillig. Diese Reaktion hatte sie vorher nie gezeigt.
 
Ich rief zunächst einmal in der Tierarztpraxis an, wo man sich bereits auf einen Kaiserschnitt vorbereitet hatte und hörte deutlich die Erleichterung, dass dies nun überflüssig sei. Die Tierärztin verabschiedete sich mit den Worten „da soll noch einer sagen, Katzen fressen nicht während der Geburt“.
Es kam kein weiteres Baby mehr und wir waren darüber auch nicht unfroh, denn Mausi mußte nun erst einmal mit dem benötigten Nachschub an Muttermilch für 2 kleine Wesen klarkommen. Durch den Umstand, dass sie 3 Tage lang nur für ein Baby Milch benötigt hatte, stellte sich zunächst bei dem älteren ein Gewichtsverlust ein, der erst einen weiteren Tag später wieder aufgeholt war. Jedoch merken wir recht schnell, dass unsere Mausi nicht genug Milch für 2 Babys hatte.
Bereits im Laufe der ersten Tage zeigte die Waage, dass unsere Letztgeborene nicht zunahm und wir entschlossen uns zuzufüttern. Unsere Mitglieder Eva und Ed übernahmen diese Aufgabe zuerst und zeigten mir und unserer Pflegestelle Birgit die Handhabung der Flasche und alles weitere. Das Problem an der ganzen Angelegenheit war, dass die kleine Babykatze nicht trinken wollte. Zum einen zeigte sie nicht genug Entschlossenheit zum Saugen an der Mutter, zum anderen war offensichtlich, dass sie die Nahrungsaufnahme per Flasche auch nicht wollte. Als das Kleine auf 76 g (also unter Geburtsgewicht) herunter war hatten wir fast alle die Hoffnung aufgegeben. Wir verstärkten jedoch die Zufütterung weiter und bald war es so, dass ständig irgendeiner von uns in der Wohnung der Pflegestelle herumlief, Milch anrührte und die Flasche gab. 
 
Der Erstgeborene war ein Kater und er wurde schwerer und schwerer und hatte bald das Doppelte an Gewicht seiner kleinen Schwester erlangt. 
Nach einer ganzen Woche wog unsere Kleine endlich über 100 g und wir hegten nun wieder die Hoffnung, dass sie es schaffen würde. Wir fütterten inzwischen im 2-Stunden-Rhythmus und schafften es, das Gewicht des Babys bis auf 117 g hochzufüttern. Birgit gab abends und nachts die Flasche, Eva und ich wechselten uns tagsüber ab. 
Es war Samstag, Eva hatte bereits tagsüber gefüttert, letztmalig um 19,00 Uhr und ich traf mich mit Margot Franz 2 Stunden später, um ihr zu zeigen, wie man die Flasche gibt, damit auch sie sich in die Fütterung einschalten konnte. Wir machten die Milch fertig und zogen vorsichtig die Schlafstelle auf. Ich begrüßte unsere Mausi und nahm unsere Kleine hoch.
Sie war tot.
Sie war einfach still und friedlich weggeschlafen, hatte die Augen geschlossen und die kleinen Pfoten unter sich gelegt, ihr Fell war noch warm von der Wärme der Mutter. Das war der schrecklichste Augenblick für mich, den ich in diesem Jahr erlebt hatte und jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, möchte ich immer noch schreien vor Trauer.
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Mausis Sohn jedoch wuchs und wuchs, er war das schwerste Katzenbaby, das wir je hatten und Mausi und Birgit machten ihn zum absolut verwöhnten Einzelkind. Birgits Schlafzimmer hatte sich zusehends in eine Krabbelstube verwandelt, nicht nur wegen unserem kleinen „Rambo“, sondern auch wegen der Flohkolonien, die sich sichtlich heimisch fühlten, da wir die säugende Mutter nicht entflohen konnten, um den Kleinen nicht zu gefährden. Birgit nahm dies alles gelassen hin, schlief im Wohnzimmer auf der Couch, um die beiden nicht zu stören, jagte die Flöhe per Flohkamm und zeigte auch bezüglich ihrer beiden eigenen Katzen keine Panikreaktion. Rambo erhielt mit 3 und 6 Wochen seine Entwurmung und als er langsam aufhörte an Mausi zu trinken entflohten wir alles, was sich in der Wohnung aufhielt.
Rambo entwickelte sich wirklich prächtig und machte seinem Namen alle Ehre. Vor ihm war nichts mehr sicher. Ende November ließen wir unsere Mausi kastrieren und Birgit machte sich mit dem Gedanken vertraut, dass es für sie bald „Abschied nehmen“ heißt. 
Eine Nachbarin sprach mich kurze Zeit später an, sie suche ein Katzenpaar. Es sollten keine Babys sein, ihre letzte Katze war im hohen Alter verstorben, die beiden Kinder mit Katzen großgeworden und ............. wir schickten sie zu Mausi und Rambo.
 
Am 3. Dezember 2000 wechselten die beiden ihr Zuhause und wir sind mit dem neuen Heim ausgesprochen zufrieden. Rambo hatte keinerlei Eingewöhnungsschwierigkeiten, nur Mausi zeigte sich etwas zurückhaltender und scheuer. Der kleine Kater war ja inzwischen fast 3 Monate alt und hatte von Menschen nie Böses erfahren, so dass er die Aufmerksamkeit um ihn herum genoß. Die beiden schlafen am liebsten bei der jüngsten Tochter im Bett und wir sind sich, sie haben ein endgültiges Zuhause gefunden.
 
Anmerkung:
Diese Situation beim Einfangen unserer Mausi will niemand von uns noch einmal erleben. Die Entscheidung, eine zahme Katze sofort wieder freizulassen, damit sie sich um ihre eventuell bereits geborene Katzenbabys kümmern kann oder sie drin zu behalten, um sie in Ruhe den Geburtsvorgang fortsetzen lassen zu können, ist sehr schwer. Beides kann für falsch und auch für richtig erklärt werden. Vielleicht hätte manch einer anders entschieden, jedoch bezweifle ich, dass unsere Entscheidung grundsätzlich falsch war. Uns blieb nicht viel Bedenkzeit zur Entscheidungsfindung, zumal wir damit rechnen mußten, dass bei Mausi die Wehen bald wieder einsetzen könnten. Wir haben diese Entscheidung mit allen Beteiligten gemeinsam getroffen. Weder Elisabeth noch Eva noch Birgit noch ich haben es uns leicht gemacht. Ich weiß nicht, wie ich in der gleichen Lage noch einmal reagieren würde. Im Zweifel denke ich, würde mir die Mutterkatze vorgehen, und insofern stehe ich zu unserer getroffenen Entscheidung mit allen Konsequenzen.
 
Gabriela Kelterbaum - Februar 2001

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