Gedichte 4

Das Land am Rand der Zeit

 
Es lebte ein Herr mit seiner Katze in der grossen Stadt. Dort arbeitete er auch und war’s zufrieden.
Wie er aber eines Tages von der Arbeit nach Hause ging, hörte er aus einem Gebüsch am Weg ein leises, jämmerliches schreien.
Als er nachsah, was das denn wäre, fand er ein ganz junges Kätzchen, mit zersaustem Fell und ganz schwach, das hatten böse Menschen einfach ausgesetzt. Den Herrn dauerte das kleine Katerchen und so nahm er es mit.
Da das Kleine sehr krank aussah, gedachte er, es in die Tierklinik zu bringen. So hielt er also das kleine Katerchen in seiner Hand und machte sich auf den Weg in die Tierklinik. Und er hielt es in seinen Händen warm auf dem Weg.
 
Aber der Weg war weit und das winzige Katzenbaby wurde immer schwächer und fing an zu röcheln. Und wie er den halben Weg gegangen war sah es ihn noch einmal an und starb in seinen Händen. Da war der Herr sehr traurig. Und er nahm das tote Katerchen mit nach Hause, denn er wollte es würdig beerdigen. Wie er nach Hause kam maunzte seine Katze jämmerlich und schnüffelt an dem toten Katerchen. Und der Herr nahm Eisenblech und baute einen Sarg daraus, schlug ihn mit Samt aus und legte das Katerchen hinein.
Dann versiegelte er den Sarg, damit kein Ungeziefer hinein könne. Als er nun gehen wollte um es zu beerdigen, schrie seine Katze und wollte mitgehen. So gingen sie miteinander zum Fluss und die Katze wich auf dem ganzen Weg nicht von seiner Seite. Am Fluss grub der Herr ein tiefes Grab und legte den Blechsarg hinein.
Lange saßen der Herr und seine Katze noch an dieser Stelle und der Herr weinte bitterlich.
Und jeden Tag ging der Herr und seine Katze an die Stelle und sie gedachten des Katerchens.
 
So verging die Zeit und der Sommer wich dem Herbst.
 
Und die Tage wurden kürzer und kälter und die Stürme des Herbstes kamen. Eines Tages kam ein grosser Sturm und der Fluss brachte Steine und Geröll aus den Bergen und trat über die Ufer. Und das Wasser schwemmte das Ufer weg und das Grab des Katerchens wurde aufgerissen und der Blechsarg ins Wasser getrieben. Und der Fluss trug den Blechsarg und das Katerchen fort. Der Sarg aber trieb immer weiter im Wasser, vom Fluss in den Grossen Fluss, der ins Meer fliesst. Viele Leute sahen den Sarg, aber sie hielten ihn für ein Stück Treibholz. So trieb der Sarg immer weiter bis in ein fremdes Land und von dort ins Meer.
Im Meer trieb der Sarg hierhin und dorthin, aber niemals an Land.
 
Viele Tage vergingen und der Sarg trieb immer noch auf dem Meer, denn der Herr hatte ihn gut versiegelt. Aber das Salz des Meeres nagte an dem Blech und bald würde es aufbrechen. Eines Tages zogen Wolken auf und ein schlimmer Sturm zog über das Meer. Der Blechsarg wurde hin und her gerissen und der Sturm tobte viele Tage.
Und eben, als der Sturm nachliess, geschah es, dass der Sarg gegen die Felsen eines Landes geworfen wurde und aufplatzte. Und heraus kroch, als ob es nie tot gewesen wäre, das Katerchen.
 
Mühsam nur schleppte es sich über die Felsen, aber es schien, dass es immer stärker wurde, je weiter es sich vom Wasser entfernte. Und als es oben auf der Klippe angekommen war, war es stark und gesund wie jede Katze. Da schaute es sich um, wo es denn wäre. Und es sah ein wunderbares Land, voll Sonne und grünen Wiesen. Da waren andere Katzen, die spielten auf den Wiesen, und auch Hunde waren da und viele andere Tiere. Und das Katerchen wunderte sich sehr, denn niemand tat einem anderen ein Leid.
Wie es aber so stand und schaute, da hörte es eine Stimme, die freundlich sagte: „Du kommst spät. Wir haben schon nach dir Ausschau gehalten.“
Es drehte sich nach der Stimme um und da stand ein grosser Kater, der es freundlich anschaute.
„Komm, ich zeig dir unsere Welt.“ sagte er und lief den Hügel hinab. Das kleine Katerchen kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
„Wo bin ich?“ fragte das Katerchen.
„Dies ist das Land am Rande der Zeit, wo alle Tiere auf ihren Menschen warten. Dann gehen sie zusammen über die Regenbogenbrücke.“
„Was ist das, die Regenbogenbrücke?“
„Du wirst es sehen.“ sagte der Kater 
„Aber ich habe keinen Menschen.“ sagte das Katerchen.
„Doch, einen musst du haben, sonst wärst du nicht hier,“
Darauf antwortete das Katerchen nichts und sie gingen zusammen zu den anderen Tieren.
Das Land am Rande der Zeit war ein wundervolles Land.
Es war nie zu heiss oder zu kalt und wenn einmal Regen fiel, dann fiel er sanft.
Es gab genug zu essen, und keines der Tiere litt Hunger oder Durst oder wurde krank.
Der Kater machte das Kleine mit den anderen Tieren bekannt und sie spielten zusammen den ganzen Tag.
Nach einiger Zeit war das Katerchen mit allen bekannt und der Kater kam immer seltener um ihm etwas zu zeigen. 
Als er ihm alles gezeigt hatte, kam er nicht mehr, denn er musste diejenigen begrüssen, die neu ankamen.
So vergingen viele Tage, aber es wurde ihm nie langweilig. Nur von Zeit zu Zeit wurde eines der Tiere unruhig. Dann wanderte es hin und her, als ob es etwas suche. Über kurz oder lang führte ihn sein Weg auf die Klippe und ans Meer. Dort sass es dann ganz ruhig, als warte es auf etwas.
Nach einiger Zeit kam es wieder und bei ihm war ein Mensch. Der grüsste die anderen Tiere und ging dann mit seinem Tier weiter und beide wurden nie wieder gesehen.
Aber die Tiere sagten, dass sie zusammen über die Regenbogenbrücke gegangen wären.
Dem Katerchen war das alles fremd und es verbrachte einen Tag wie den anderen in diesem zeitlosen Land.
In der Menschenwelt mögen viele Jahre vergangen sein, aber eines Morgens, nach vielen ungezählten freudigen Tagen, wurde es von einer seltsamen Unruhe gepackt. Es wusst nicht was es war und es schnupperte hierhin und dorthin, aber da war nichts, was es interessiert hätte. Wie es gerade unter ein Gebüsch schlich, hörte es eine Stimme, die sagte: „Da bist du also. Komm mit, es ist wichtig.“
Da stand eine uralte Katze mit rot-weiss gestreiftem Fell.
Aus einem Grund, den das Katerchen nicht verstand, kam es ihm so vor, als würde es die Katze schon sehr lange kennen.
Aber es sagte: „Dich hab ich noch nie gesehen, wer bist du?“
„Wer ich bin? Ach ja, du kannst mich ja nicht kennen. Aber ich kenne dich schon lange. Nun, ich warte auf meinen Menschen, der auch dein Mensch ist.“
„Ich habe keinen Menschen und ich wüsste auch nicht, wer das sein sollte.“
 
Die alte Katze antwortete darauf nichts, sondern schlenderte langsam in Richtung der Klippen.
Dann sagte sie: „Ich bin alt, sehr alt. Meine Lebenspanne dauerte nach der Zahl meiner Jahre weit über das Maß einer Katze hinaus. Und es gibt einen Grund, warum ich jetzt erst hierher gekommen bin und wir uns treffen. Aber diese Geschichte wird ein andermal erzählt werden, jetzt ist nicht die Zeit zum Geschichten erzählen.“
Langsam kletterten sie die Klippe hoch. 
Und wie sie hinabschauten, saß da ein uralter Mensch auf einem Felsen und schaute aufs Meer hinaus.
Die alte Katze maunzte laut und rannte auf den Menschen zu. Und sie sprang an ihm hoch und schmiegte sich an ihn und schnurrte. Jetzt erkannte das Katerchen den Menschen: Es war der Herr, der es unter dem Gebüsch hervorgeholt hatte, als es so krank war. Es erinnerte sich an sein Gesicht und an seine Hände, aber sonst wusste es nichts, alle Erinnerung war dunkel.
Aber nun, da es den Herrn sah, wusste es, dass dies sein Mensch war. Und der Herr nahm es in seine Hände und streichelte es und die alte Katze leckte ihm das Fell. Und zusammen gingen sie die Klippe hinauf und in das Land am Rande der Zeit und sie begrüssten alle Tiere freundlich. Dann wanderten sie weiter durch das Land, bis sie an die Waldigen Hügel kamen. Da stand einer am Waldrand, der sagte nichts und nickte ihnen zu.
Sein Gesicht konnten sie nicht sehen, es war wie von einem hellen Leuchten verborgen. Dann hob er die Hand und zeigte in eine Richtung im Wald.
Und der Herr und die beiden Katzen wussten, dass dies der Weg war, den sie gehen sollten. Da machten sie sich auf in die Richtung in die der Leuchtende gezeigt hatte. Wie lange sie gegangen waren, wussten sie nicht, aber mit einem mal standen sie wieder am Meer. Nur waren diesmal keine Klippen da, sondern ein feiner Sandstrand. Und das Meer glänzte ruhig im Sonnenlicht. Und in einiger Entfernung war eine Brücke zu sehen, die in den Himmel ging.
 
Diese Brücke war schöner als alle, die je von Menschenhänden gebaut worden war und sie schimmerte in allen Farben. Und die drei Wanderer wussten, ohne dass es ihnen jemand gesagt hätte, dass dies die Regenbogenbrücke war. Und wie sie auf die Brücke zugingen, schien es ihnen, dass sie die ganze Zeit nur darauf gewartet hätten, diesen Schritt zu tun.
 
So gingen der Herr, die Katze und das Katerchen auf die Regenbogenbrücke und über die Regenbogenbrücke in den Himmel hinein und nie wieder wurden sie gesehen.
 

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